80. Blogbeitrag.
Gehörst du auch zu jenen Menschen, die über die Festtage ihr Sättigungsgefühl gekonnt ignorierten oder ab und dann über ihren Durst tranken? Hoffentlich hast du es wenigstens ohne Reue genossen. Denn die Reue kannst du dir aufsparen für den Fall, dass du bereits ein Jahresabo im Fitnesscenter gelöst hast, obschon du ganz genau weisst, dass du nach dem ersten beherzten Monat dein sportliches Pflichtgefühl ebenso gekonnt ignorieren wirst wie das Sättigungsgefühl der vergangenen Dezembertage :-). Selbst wenn du eventualvorsätzlich den Tatbestand der Völlerei mehrfach erfülltest, würde ich von einer selbstverurteilenden Haltung abraten. Denn rein statistisch gesehen besteht kein signifikanter Zusammenhang zwischen deinem durchschnittlichen Jahresgewicht und deinen Festtagssünden. Natürlich vorausgesetzt, dass man die restlichen 50 Wochen die bekannten Regeln einer korrekten Nahrungsaufnahme mehr oder weniger einhaltet. Es geht mir allerdings weniger darum, was man wann geniesst, sondern wie man geniesst. Mir fällt auf, dass ich das Essen ohne Ablenkung viel bewusster wahrnehme und mehr schätze. Das ist an den Festtagen per se schon ein Ding der Unmöglichkeit. Aber auch bei Essenseinladungen ist es schwieriger, bewusst und massvoll zu essen. Da können zusätzlich gesellschaftliche Gepflogenheiten dazu führen, dass man mehr zu sich nimmt als man eigentlich möchte. Und da ist noch etwas. Leider etwas Alltägliches und Störendes, was uns daran hindern kann, bewusst und dadurch auch massvoll zu essen: Als ich vor einer gefühlten Ewigkeit extern eine Jamie Oliver Kochsendung gebannt verfolgte und ich mich am nächsten Tag nicht mehr daran erinnerte, was ich dabei ass, war mir das peinlich. Wie schade um das mit Liebe zubereitete Gericht, welches ich konsumierte, ohne es zu geniessen. Ich weiss, dass die meisten Menschen während dem Essen vor dem Fernseher sitzen. Und eigentlich ist das ja auch keine grosse Sache. Doch Achtsamkeit erfordert eine gewisse Aufmerksamkeit. Man kann nicht mehrere Dinge auf einmal gleich intensiv erfahren. Geschweige denn ausführen (siehe Blog 43 mit meinem Waldtelefonat). Ich möchte dich daher gerne dazu anregen, zumindest den Fokus vor dem TV öfters bewusst auf das Essen zu richten oder ab und dann frei von jeglichen technischen Ablenkungsversuchen das gekochte Gute vollends und bewusst zu geniessen. Oder du isst vorher und geniesst erst danach das Unterhaltungsprogramm in der Flimmerkiste ganz ohne Schuldgefühle. Übrigens zählen auch analoge Ablenkungsversuchungen wie Printmedien dazu. Man sollte das Essen öfters ganz bewusst einfach geniessen. Ich muss allerdings gestehen, dass auch ich meine Regel ab und dann in den Standby-Modus versetze: Wenn ich mühsame Arbeiten am PC zu erledigen habe, dann gönne ich mir bewusst einige bunte Gummibärchen, die mir die Arbeit versüssen. Und das funktioniert ganz wunderbar. Natürlich bin ich mir dessen bewusst, dass ich die chemischen Zuckerbomben ohne den PC viel intensiver geniessen könnte. Aber womöglich würde mir dann bewusst, was ich mir da Seltsames einverleibe. Womöglich würde in mir ein Schuldbewusstsein aufkeimen, was dazu führen könnte, dass ich der süssen Versuchung abschwöre. Das wäre doch schade um die Arbeit, die es zu erledigen gölte (Räusper). Wie löse ich dieses Dilemma? Liebend gerne würde ich auch jegliche mühsamen Arbeiten am PC aus meinem Arbeitspensum eliminieren, allein um der verführerischen Naschversuchung zu widerstehen. Doch mir bleibt wohl nur die Möglichkeit, mich bewusst zu diesem merkwürdigen Essverhalten zu bekennen und es ganz einfach ohne Reue zu geniessen. Wo kein Kläger, da auch kein Richter. Und zufälligerweise bin ich beides in persona :-)
4 Kommentare
Ralph
9/1/2024 10:57:25
Sali Ruth,
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Ruth
9/1/2024 14:24:53
Alle Achtung, werter Detektiv Ralph! Der Sachverhalt wurde meines Erachtens richtig dargestellt und sinnvoll ergänzt.
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Ralph
10/1/2024 12:04:56
Sali Ruth,
Ruth
12/1/2024 20:30:58
Ich liebe deine Anekdoten, lieber Ralph. Darauf und auf dieses gesunde Mittelmass müssen wir unbedingt einmal miteinander mit einem feinen Bier anstossen.
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